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Märchen eines wahren Mordes

Roman von Chloe Hooper

275 Seiten, Berlin Verlag, 19,90 Euro

Es handelt sich hier um eine schöne Ausgabe: Das Buch hat einen blauen Leineneinband mit Golddruck, der Schutzumschlag weist eine ansprechende malerische Gestaltung auf , eine Szene aus australischer Landschaft mit Tieren, märchenhaft, und um ein solches soll es sich ja wohl handeln.

Das Märchen entsteht aus der Feder von Kate, 22 Jahre alt, Lehrerin neunjähriger Jungs und Mädchen, die sie immer wieder unvermittelt zitiert (Darf ich in eurem Rülpsclub dabei sein? Nein, ich habe ihn dicht gemacht) Sie ist „entzückt von ihren freidenkerischen Aussprüchen.“ die sie auch sehr anschaulich wieder gibt „...sie geben eine Reihe von Heldengeräuschen von sich; sehr beliebt sind das stürmische wruum-wruum, mit dem sie ihr unsichtbares Düsenflugzeug starten, und das pch-iuuu von Laserstrahlen, die aus weichen Fingern hervorsprießen.“ Na, wenn das nicht lebensnahe Schilderung ist. Gleich fühlt sich der Leser doch erinnert an gar nicht so ferne Kindertage. Schmelz.

Was Kate sonst noch entzückt – oder nicht?? - ist Sex. Jedenfalls sieht sie ihre Umwelt mit höchst ungewöhnlicher Blickweise: “Wenn ich die Augen zukniff, formten sich die Felsen auch zu anderen Erscheinungen, ich sah Münder, Zungen, Pornografie.“ Nett, das gleich auf den ersten Seiten zu erfahren, so wundert mich dann auch nicht, dass sich Thomas - Liebhaber, Schülervater, verheiratet - eine Beziehung „ohne Gefühle“ wünscht, begrenzt auf die Mittagspausen. Und sie will ihn glücklich machen, versucht ihm alles recht zu machen. Erzählt im Bett Märchen, um ihn anzutörnen, aufs Äußerste um die Wortwahl bedacht, denn ihr Liebhaber ist da sehr empfindlich und wählerisch. Aber Märchen erzählt die junge Frau wirklich gern: In ihrer Version des Mordfalles, den schon Thomas` Frau in einem Roman aufgegriffen hat, kommen so nette Tierchen wie Kitty Koala und Wally Wombat vor (wieder schmelz!), versehen mit höchst menschlichen Merkmalen (Kängurus, die zum Schauplatz hüpften, hielten ihren neugierigen Jungen die Pfoten vor die Augen,...) süüüß.

In einem unendlichen Verwirrspiel geht es durch die Geschichte. Der motivierte Leser wird nicht aufgeben, hinterher zu springen zwischen Tiermärchen, Beziehungskiste mit Sex und eifersüchtiger Ehefrau, wunderhübschen Kinderzitaten, Zitaten aus dem Roman über den wahren Mordfall, Szenen aus dem Lehrerleben.

Bei dem Durcheinander wundert es mich nicht, dass sich die junge Dame schließlich selbst in der Rolle der Bedrohten wiederfindet, der womöglich das gleiche Schicksal droht wie der Romanfigur.

Ob es sich allerdings lohnt, bis zum Ende dieser Geschichte durchzuhalten, mag dahingestellt bleiben. Vielleicht gelingt es Ihnen ja.

Und das wunderbare goldfarbene Einlegebändchen stimmt einen bei jeder Lesepause wieder gütig. Oder?


Maria S. Althäuser, März 2003

 



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