Francoise Chandernagor

Das Kind im Turm

Roman
286 Seiten

Piper Verlag
18,90 Euro

ISBN 3-492-04554-5

"Eines der dunkelsten Kapitel französischer Geschichte", verspricht der Klappentext, werde hier enträtselt. Die Dunkelheit des Romans erschließt sich gleich auf den ersten Seiten. Die Autorin hat eine unglaubliche Gabe, die Leserin / den Leser mit in ihre Vorstellungswelt zu nehmen , sie in die Gefühle ihrer Figuren geradezu einzubinden.

Dass es sich bei dem „ Kind im Turm“ um eine historische Person handelt, um ein historisches Kind, nämlich den Sohn Louis Charles des Sonnenkönigs Ludwigs XVI und Marie Antoinettes, vertieft die düstere Spannung noch.

“...ich, die Historikerin, muß mich bremsen.“ äußert sich die Erzählerin und demonstriert so ihre Betroffenheit über die Zustände im Turm, in dem der achtjährige Junge nach der Ermordung seiner Eltern gefangen gehalten wird.: “...im Haus schert sich niemand darum, den Ort freundlicher zu gestalten.“

Tapfer hält sich der Kleine zunächst.“Eine gute Einteilung des Tages ist eines der Dinge, die am meisten zum Lebensglück beitragen“, hat er beizeiten beigebracht bekommen. „Und heute morgen...beschließt er, den guten Rat ...seines ersten Hofmeisters zu befolgen.“

Was er noch nicht weiß: „...niemand hat mehr ein Interesse daran, daß er lebt...Töten will man ihn aber nicht.“ Dennoch stirbt er mit zehn Jahren.
Die Erzählerin klagt an, steht als Richterin, als Anwältin den Geistern derer gegenüber, die sich in nächster Nähe des Jungen aufgehalten haben, den Schließern, Kommissaren, Ärzten, die alle nur ihren Dienst versehen haben. „Unzerstörbar bleibt die Dienstvorschrift....Alle Befehle werden weiterhin befolgt, als wären jene, die sie erteilten, nicht tot, und obwohl an der neuen Spitze kein einziger mehr weiß, welchen Anweisungen die da unten sich fügen und warum.“

„Ein literarisches Meisterstück“ verspricht der Klappentext. Ich meine, wir haben hier ein faszinierendes Buch vorliegen, dessen Lektüre sich auf jeden Fall lohnt für Geschichtsbegeisterte und diejenigen, die sich für psychologische Verhaltensmuster von Menschen in Ausnahmesituationen interessieren.

Maria S. Althäuser im Oktober 2004

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