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Hartmut Lange

Gesammelte Novellen in zwei Bänden

zusammen 1129 Seiten, Leinen, im Schuber; Lesebändchen
Diogenes Verlag 2002, 34,90 €
ISBN 3 257 0691 5 und
3 257 06292 3

Edel eingeschubert laden die 24 Novellen zur (Wieder-) Lektüre ein. Das Spektrum reicht von der "Waldsteinsonate" (1984) bis zum "Streichquartett" (2001) und bleibt doch merkwürdig eng, so als spielte am Ende das Quartett die Sonaten des Anfangs. -

In Berlin 1937 geboren, macht sich der Autor nach Stationen als Arbeiter und Student der Filmhochschle einen Namen als Dramaturg, u.a. an der Schaubühne. Das sozialistische Drama wird seine Domäne, "Marski" sein wohl bekanntestes Stück. Die Novellen entstehen später und spielen mit anderen Motiven. "Irrtum als Erkenntnis" heißt seine Autobiographie nicht ohne Grund.

So einladend die Aufmachung der Bände auch ist: Die Lektüre ist, vorsichtig gesprochen, nicht mühelos. Gerne wendet der Leser solche Mühe auf, wenn der Lohn sich so etwa nach 100 Seiten zu erkennen gibt. Das bleibt hier aus. Lange zelebriert eine Weltsicht, die man einmal kafkaesk genannt hat. Aussichtslosigkeit jedes Beginnens, Absurdität und eine auf mausgrau eingefärbte Realität kehren immer wieder. An jedem zweiten Baum hängt gewiss ein Strick, an den sich zu hängen die Protagonisten oft nur deswegen weigern, weil sie eh schon tot sind. Die Geschichten wirken fast durchweg konstruiert und dienen dem Leser (oder eher dem Autor?) zu schauderhaftem Exempel.

Das Leben hat bei Lange schlechte Karten. Es muss dem Verfasser gehorchen, nicht umgekehrt. Solches Erzählen ist reizvoll bis zu einem gewissen Grad, es produziert "Rätselgeschichten", so ein Kinderbuchtitel Langes (1973). Rätsel aber sollen gelöst werden, doch dazu gewährt uns ihr Autor keine Chance. Die Figuren verfolgen irgend seltsame Ziele bis zur Besessenheit, aber, nach der dritten Story eh klar, ans Ziel kommen sie nie. Aus ihrem Leben die entsprechenden Passionen abzuleiten, gelingt dem Leser nicht, denn Lange lässt seine Helden immer eine handbreit über der Wirklichkeit verschweben, damit er an und mit ihnen das Immergleiche vorführen kann: Ihre existenzielle Geworfenheit.

Hat Kafka denn nicht das gleiche gewollt? Mag sein, aber seine Figuren waren oft, nicht immer, handfest verortet in der Angestelltenwelt. Doch selbst die Werke des Meisters mag ich mir nicht schub(er)weise vornehmen ohne Sorge um meine Lebensfreude.

Lange-Weile also? Nein, eine Weile Lange, dann wieder ab ins Regal bis zum nächsten Mal, so in drei Monden vielleicht. Dann mag man sich mit "Schnitzlers Würgeengel" oder Nietzsches Wahn "anfreunden", um im Sinne der literarischen Homöopathie eigene Monstren zu beschauen und loszuwerden.

Zum Vorlesen am Krankenlager nicht geeignet, es sei denn, es ist die Erbtante, die siecht!

 

(c) Simon Croll im Januar 2003

 

 



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